Streckenfliegen – die Königsdisziplin?

Schiss, das erste mal Deinen Hausberg zu verlassen? Deinen gewohnten Landeplatz aus den Augen zu verlieren? Zu wissen, dass der Gleitwinkel auch nicht mehr zu diesem zurück reicht? Dann kostet es Überwindung oder du soarst weiter die platt geflogenen Hänge Deines Hausberges ab…


Vor gut 2 Jahren war mir eigentlich ziemlich klar, dass es völlig ausreichend sein wird, im gewohnten Terrain seine Kreise zu ziehen. Warum sollte ich meinen Berg verlassen, wenn es in der Luft doch überall gleich schön ist – hauptsach‘ fliegen! Bekannte tangierten mich mit ihrem Streckengeschwafel in keinster Weise. Bis zum letzten Sommer, als ich die Lust verspürte, den Schwierigkeitsgrad meiner Aufgaben zu steigern. Aber einfach mal wegfliegen vom Hausberg iss nicht. Wie siehts hinterm nächsten Hügel aus? Von wo kommt der Wind, wie blasen die Talwinde? Wo hat’s Thermik, wo Turbulenzen? Wohin muss ich überhaupt fliegen, wie navigiere ich, wo lande ich und wie komme ich zurück – und wenn ich nicht über den Luftweg zurück komme, wie auf dem Landweg? Viele Fragezeichen, die einen erst einmal ganz massiv von einem Ausreißer abhalten und verunsichern!

Aber es gibt ja zum Glück Literatur, Foren und Seiten wie Xcontest, auf denen man in Google Maps visualisierte Streckenflüge beinahe anfassen kann. Eine große Hilfe zu sehen, dass bestimmte Strecken erfolgreich geflogen wurden. Man kann schauen wo’s hoch ging oder welche Gegenden man besser meidet. Man sieht zu welchen Bedingungen was möglich ist, etc. Nach ausgiebiger Beschäftigung mit dieser Materie wagte ich im letzten Jahr meine ersten Ausreißer, und flog immerhin schon 25km freie Strecke und eine Tracklänge von gut 80km – und das erfolgreich mit Landung am offiziellen Landeplatz oder sogar top am Startplatz.

Dieses Jahr wurde Equipment in Form von Literatur und Material (Liegegurtzeug und ein schnellerer Schirm) zugelegt, um den neuen Aufgaben bestmöglichst gewachsen zu sein. Mich hat das Hausberverlassen doch ganz schön infiziert, und ich freue mich auf erste weitere Erfolge in dieser Saison. An Ostern wird der B-Schein gemacht, damit es dann auch offiziell auf Strecke gehen kann/ darf. Das Punktesammeln im OLC interessiert mich im Augenblick nicht. Um dort Erfolge zu feiern sollte man vermutlich kinderloser Single mit draufgängerischen Ambitionen sein – das bin ich beides nicht, und somit stecke ich mir vorerst kleiner Ziele und steigere meine Aufgaben kontinuierlich, wie es der Alltag zulässt.

An Tagen wie in dieser Woche, an denen schon große Thermik blubbert und erste rekordverdächtige Strecken geflogen werden, sitzen ganz sicher viele Flieger im Büro, so wie ich, und schauen hin und wieder zum Fenster raus. Sehr wohl wissend, dass heute ein guter Streckenflugtag ist und andere unter ihrem Schirm hängen, anstatt auf dem Bürostuhl zu versauern. An Tagen wie diesen freue ich mich über die Tatsache, dass ich diesen großartigen Sport, wenn nichts dazwischen kommt, noch mein Leben lang ausführen kann und es noch viele, viele schöne Flugtage gibt, an denen andere vom Arbeitsplatz aus in den Himmel blicken und mich beneiden.

This Post Has 2 Comments

  1. Klaus sagt:

    Hallo Nicolas,
    immer wieder schön auf deiner Seite vorbeizuschauen!
    Dieser Beitrag ist Inhaltlich wieder sehrt gut, weiter so!

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