Testbericht Skywalk Tequila 4
Wir schreiben das Jahr 2014 und es gibt bereits wieder eine Neuauflage des Intermediate-Gleitschirms Tequila von Skywalk. Vor 4 Jahren flog ich noch den Tequila 2, dazwischen eine Zeit lang den Tequila 3 und jetzt den Tequila 4, neben diversen anderen Schirmen. Seit dem 2er hat sich natürlich unheimlich viel getan, vor allem in Sachen Leistung und Handling. Der neue T4 hat mit dem 2er und vor allem 3er nur noch wenig gemeinsam. Der neue Tequila4 ist der kleine Bruder vom Chili3 und basiert beinahe vollumfänglich auf dessen Konstruktion. Lediglich das Leinensetup mit 3 Stammleinen pro Flügelhälfte ist ein markanter Unterschied zu dem 2-Leiner-Konzept beim Chili 3. Durch die 3 Stammleinen pro Seite soll beim Piloten mehr Feedback ankommen, was tatsächlich auch gelungen ist. Die schlanken und versteiften Tagegurte sind auch etwas anders konstruiert. Alle Leinen sind Tequila-typisch voll ummantelt, was in dieser Kategorie auch absolut sinnvoll ist. Leistung bringt der T4 trotzdem mehr als genug für seine Klasse mit und vor allem hat er das Steig-Gen seines großen Bruders geerbt!
Nach einem langen Testflugtag war mir klar, dass ich diesen Flügel haben möchte. Warum? Da er Leistung, Spaß und Sicherheit vereint, wie derzeit kaum ein anderer Flügel. Natürlich möchte ich dabei nicht auf das Fliegen mit meinen C/D-Schirmen verzichten, denn jede Schirmklasse hat ihre ganz eigenen Vorzüge – aber unter dem T4 fühlt man sich einfach pudelwohl und safe.
Ein paar Fotos
Das Video
Jetzt zum Testbericht des Tequila 4
SKYWALK Tequila 4 M (85-110kg) // Gewicht 5,2kg // Startgewicht ca. 97kg |
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Erster Eindruck | Der neue Tequila 4 basiert sehr stark auf dem Chili 3. Das fällt einem sofort am Design und der Kappenform auf. Die neuen Farben wirken frisch, modern und sind durch den hohen Kontrast extrem auffällig. Ich denke hier ist bei den 3 Grundfarben für jeden Gusto etwas dabei, auch wenn das Rot etwas altbacken wirkt. Die Verarbeitung ist auf 5-Sterne-Niveau und lässt keine Kritikpunkte offen. Das Segel wurde aus dem Tuch Porcher Skytex 9017E25A gefertigt, das sehr robust und dennoch rel. Leicht ist. Die Liros-Beleinung wirkt hochwertig, ist durchgängig ummantelt und in neuen Farben abgesetzt. Die Profilnase und das hintere Obersegel sind wie beim Chili 3 mit hochflexiblen, knickunempfindlichen Kunststofffäden (Stäbchen) durchzogen. Aufgrund des sehr flexiblen Nylons erlauben diese Elemente auch herkömmliches Packen.Der Tragegurt ist schön schlank geschnitten und ordentlich versteift. Somit ist ein übersichtliches Leinensortieren gewährleistet. Ein markanter Unterschied ist das Leinensetup – der Tequila 4 hat wieder etwas mehr Leinen als sein großer Bruder, da er mit 3 Leinenebenen pro Flügelseite ausgestattet ist. Der Chili 3 hat nur 2 Ebenen pro Seite. Über die Flügeltiefe ist der T4 mit 3 Leinenebenen als reinrassiger 3-Leiner gebaut (A, B, C). Im Gesamten wirkt der Flügel optisch und haptisch sehr hochwertig, und es macht richtig Spaß dieses Teil am Startplatz im Wind aufzuziehen. Selbstverständlich ist auch dieser Schirm wieder mit den bewährten Jetflaps ausgestattet – 3 je Flügelhälfte, macht 6 Stück. | |
Leinenhandling | Die ummantelten Leinen sind übersichtlich, schnell sortiert und neigen nicht dazu zu verhängen. Die farbliche Gestaltung unterstützt das ganze auf optischer Ebene. Eben ein waschechter 3-Leiner mit ca. 250 Leinenmetern. | |
Start | Easy! Der Flügel kommt beim Aufziehen, sowohl vorwärts als auch eingedreht, extrem einfach und spurtreu nach oben. Schon bei leichtem Wind kann man gemütlich rückwärts aufziehen und starten. Die Kappe neigt trotz hoher Dynamik nicht zum Überschießen, außer man zieht die A-Gurte mit zu viel Schmackes an – dann ist ein beherzter Bremsinput von Vorteil. | |
Kurvenhandling | Wie der Chili 3 ist auch der Tequila sehr agil für seine Klasse (Low B). Kurven werden mit der früh greifenden Bremse relativ verzögerungsfrei bei angenehmen Bremsdruck umgesetzt. Der T4 ist, vor allem im Vergleich zum Vorgänger, sehr agil und macht extrem Spaß!! Beim Kreisen kann man ihn schön nachdrücken, ohne dass er sperrt. Kleiner Wingover lassen sich bereits mit Gewichtsverlagerung fliegen, höhere mit entsprechendem Bremsinput – aber aufgepasst, der Flügel möchte früh gestützt werden! Sollte er dennoch mal klappen, ist bis auf ein Rascheln kaum etwas zu spüren. | |
Steuerdruck | Die Bremsen greifen ohne großen Vorlauf schon sehr früh. Der Steuerdruck liegt im angenehmen Mittelfeld und ist über den gesamten Bremsweg homogen. Somit sollten lange Flüge ermüdungsfrei möglich sein. Die Bremse zeigt eine saubere Druckzunahme an, bevor die Strömung abreißt. Bis sie mal abreißt, dauert es allerdings sehr lange, was ich absolut genial finde. Somit lässt sich der Flügel auch sehr langsam fliegen. | |
Flugverhalten | Der Tequila 4 ist wie sein großer Bruder eher von der „weichen“ Sorte. Die Kappe ist angenehm gedämpft, gibt ausreichend Feedback über die Bremsen, aber vor allem die Tragegurte zurück. Man merkt dem T4 sofort seine Agilität an, alle Achsen sind zwar gedämpft aber reagieren sehr flott auf input. In starker Thermik arbeitet der Flügel offensichtlich etwas in sich und raschelt allerhöchtens mal als Antwort auf Turbulenzen. Dieses Verhalten empfinde ich als positiv, da die Kappe frühzeitig Energie absorbiert, die ansonsten eventuell zu einem Klapper führen könnte. Er schluckt somit über sein weiches Profil einiges weg. Das ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber im Vergleich zu vielen anderen Schirmen mit härteren Kappen ein guter Wurf in Richtung entspannteres Fliegen. Im Bart zieht der T4 von sich aus Richtung Aufwind und will dabei am liebsten ungebremst seinen Weg gehen. Der Beschleuniger lässt sich geschmeidig über den gesamten Weg mit geringem Kraftaufwand drücken. Bei Vollgas dellt die Nase dezent ein, was dem stabilen Flugverhalten aber kein Abbruch tut. Bei schnellem Vorschießen der Kappe ist dieser Effekt des Eindellens wiederum von Vorteil, da dem Profil rasch Energie genommen wird und somit ein unkontrolliertes Vorschießen entschärft wird. Das Gefühl unter dem Tequila ist sehr entspannt, man fühlt sich einfach wohl und jederzeit Herr der Lage. Durch sein leicht quirliges Flugverhalten macht es richtig Freude, den Flügel am Hausberg um die Ecken zu jagen, Wingover zu fliegen, Spiralen einzuleiten, etc. Auf Klapper reagiert er klassengerecht zahm, ohne böse Überraschungen. Ich habe 60% Klapper geflogen, bei denen der Tequila 4 selten über 90° wegdreht. Das Vorschießen dabei ist zahm und man ist stets im Bilde darüber, was gerade abläuft. Frontklapper sind ebenso unproblematisch. Die Kappe neigt weder zu Verhängern, noch zu einer Rosette. Somit ist ein Zutun des Piloten nicht von Nöten. Diverse aktuelle Low-B-Schirme benötigen hierbei schon mal einen bewussten Eingriff des Piloten! | |
Ohren anlegen | Am äußerem A-Gurt befindet sich eine Markierung, die langes Suchen des richtigen Gurtes überflüssig macht. Das Anlegen der Ohren ist einfach, allerdings nur mittelmäßig effektiv, da die Zellen nicht ganz entleeren möchten und daher auch nicht all zu weit reinkommen. Ein leichtes Ohrenschlagen kann unter Umständen auftreten – das ist bei vielen modernen Schirmen leider schon als Standard zu bezeichnen. Öffnen tun diese dann aber klassenüblich eigenständig. | |
B-Stall | Die Einleitung bedarf eines kurzen Kraftaufwandes. Dann stallt die Kappe gleichmäßig und geht in einen stabilen Sinkflug über. Beim Ausleiten nimmt der Flügel wieder schnell Fahrt auf und nickt mäßig nach vorne. | |
Steilspirale | Die Steilspirale lässt sich mittels Körpergewicht und Bremse sehr präzise einleiten. In der Spirale liegt der Flügel schön satt ohne Ohrenwinken, die Ausleitung erfolgt dann auch ohne zutun des Piloten, wenn dieser die Bremsen nachgibt und sein Gewicht wieder in die Mitte verlagert. Eine stabile Spirale, die ohne Zutun des Piloten nicht von alleine ausgeleitet wird, konnte ich nicht beobachten. | |
Agilität/ Handling | Die Wendigkeit des Tequila 4 hat er eindeutig vom Chili geerbt – er macht richtig Spaß und geht schnell und mit wenig Verzögerung um die Ecke. Um Alle Achsen besitzt er Dynamik, die der talentierte Pilot ohne Überforderung direkt in spaßige Manöver umsetzen kann. Aber auch ein fortgeschrittener Anfänger kommt auf seine Kosten – denn er lernt unter dem T4 auch etwas dazu! | |
Landung | Einfach ohne besondere Technik. Er flairt ordentlich aus und kann dann auch mit viel Bremse sicher abgerissen werden. | |
Packen | Laut Hersteller ist beim Packen nichts zu beachten. Zelle auf Zelle ist immer gut, die langen Nylonfäden im Obersegel müssen zwangsläufig gebogen werden. Diese sind aber so flexibel, dass sie laut Skywalk keinerlei Schaden nehmen. | |
Pilotenanspruch | Der Tequila 4 ist ein ehrlicher Low-B-Schirm, der sich meines Erachtens im unteren bis mittleren B-Segment ansiedelt. Die überraschend gute Dynamik ist evtl. für weniger talentierte Piloten oder Aufsteiger aus dem A-Segment zu Beginn etwas überraschend. In den Standardmanövern und bei Klappern verhält er sich auf jeden Fall Klassenkonform und sorgt für keine unangenehmen Überraschungen. |
Resümee:
Ich habe schon viele unterschiedliche Flügel, unterschiedlicher Klassen und Hersteller geflogen. Von Skywalk bin ich schon lange und immer wieder auf’s Neue überzeugt, da mir die innovativen Konzepte von viel Leistung (wie viel brauchen wir eigentlich wirklich davon?) und dabei möglichst hohe passive Sicherheit einfach zusagen. Der Hersteller reizt die Klassen nie ganz aus und auch der Tequila 4 ist ganz sicher im unteren Lowlevel-B-Segment einzuordnen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich wieder auf einen Low-B-Flügel als Alltagsgerät umsteige. Der T4 hat mich aber so überraschend gut abgeholt, dass ich das Gesamtpaket von Qualität, Leistung, Fun und Sicherheit einfach haben möchte 🙂 Mit dem Tequila 4 kann man großartig auf Strecke gehen (Siehe Armin Harich mit über 300km im Flachland), gemütlich am Hausberg kratzen, dynamische Manöver mit hoher passiver Sicherheit üben – und das ganze sehr entspannt im Low-B-Segment. Am besten probiert ihr den Flügel mal selbst aus. So ein Test ist natürlich immer ein Stück weit subjektver Art – ich bin aber davon überzeugt, dass mindestens 80% mit einem Lächeln im Gesicht einlanden werden.
Mal ein Testbericht, den ich 100%ig unterschreiben kann. Mir gehts wie dir, das ich auch nie gedachtet hätte das ich einen „Schulschirm“ fliegen will. Aber wenn er halt einfach zu viel Spaß macht :-).
Hi Armin, say never, never again! Was fliegen wir nächstes Jahr im Alltag –> einen A-Schirm?
Mit meinem Ego kann ich es bei so einem gelungenen Teil jederzeit vereinbaren 😀
LG
N
danke für den aufschlussreichen test. ich bin den t4 selbst bereits neben ion2 und atlas geflogen. ich gehe zu 99% konform mit deinen aussagen und werde ihn mir auch rauslassen sobald ich das nötige kleingeld habe. ich befürchte im gebrauchtmarkt wirds so schnell keinen geben 🙁
gruss
chris
Servus Nicolas,
danke für deinen Test den ich nach einigen Stunden auf meinem T4 voll unterschreiben kann.
Als Nachfolger meines Mescal 4, den ich nach ca. einem halben Jahr nach der Schulung gegen den T4 getauscht habe, fühle ich mich safe unter dem Flügel. Man sollte nur nicht grobmotorisch veranlagt sein, dann ist der T4 eigentlich der Flügel fürs Leben.
Gruss
Mathias
Hallo,
ich habe vor einigen Wochen meinen A-Schein gemacht auf Mescal 4 und würde mir gerne diesen LowLevel B-Schirm kaufen. Was ist deine Meinung dazu? Ein Verkäufer weigerte sich, mir diesen Schirm zu verkaufen.
Ich empfand den Mescal 4 aber als relativ träge außerdem gefällt mir dieser hier optisch viel besser.
Der Schirm wird ja als Schulungsschirm angepriesen. Kann man das unterschreiben?
Ich war sehr verärgert über den Verkäufer, möchte aber bezüglich der Sicherheit für Anfänger trotzdem nochmal Meinungen einholen.
Hi,
Empfehlungen auszusprechen ist immer schwierig. Ich kenne deine Skills ja gar nicht! Für einen talentierten Einsteiger ist der Tequila4 sicherlich auch ein Schirm mit dem man Spaß haben wird. Er ist in Punkto Sicherheit top, hat aber einen gewissen Pilotenanspruch da er recht agil ist. Manche sind damit überfordert… teste ihn doch einfach mal und lass dich von deinem Fluglehrer beraten. Der kann dir am besten sagen ob der Schirm schon zu dir passt. Geil ist er allemal… 😉
LG
N